Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnis von Betriebsärzten in Deutschland

In einer bundesweiten schriftlichen Befragung von 721 Betriebsärzten, die im Wesentlichen der Adressendatei des Verbandes deutscher Betriebs- und Werksärzte entstammen, wurde das Tätigkeitsspektrum und das Rollenverständnis von Betriebsärzten erfasst. Das erhobene Tätigkeitsspektrum basiert auf den gesetzlichen Anforderungen sowie auf einem zeitgemäßen erweiterten Arbeitsschutzverständnis. Unzureichende Ausübungsraten ergaben sich im Bereich der präventiven Mitwirkung an Planungs-, Investitions- und Beschaffungsvorgängen, bei der Arbeitsablauf- und Arbeitszeitgestaltung, im Bereich der Gesundheitsförderung, bei der Qualifizierung von Führungskräften im Arbeitsschutz und bei der Mitwirkung an der Integration des Arbeitsschutzes in die Aufbau- und Ablauforganisation. Die Analyse nach dem beruflichen Status der Befragten und der Größe der betreuten Betriebe erbrachte z. T. weitere Differenzierungen.
Für die Erhebung des Rollenverständnisses wurde ein Leitindikator entwickelt, der ein abgestuftes Spektrum von stark proaktivem bis zu stark reaktivem Rollenverständnis abbildet. Ein Drittel der Befragten erwies sich als proaktiv orientiert. Mit Hilfe des statistischen Verfahrens der Korrespondenzanalyse wurde eine Koinzidenz zwischen betriebsärztlichem Rollenverständnis und dem tatsächlichen betriebsärztlichen Handeln nachgewiesen. Proaktives Rollenverständnis geht einher mit einer höheren Ausübungsrate bei den oben genannten Tätigkeiten. Weiterhin existieren Verknüpfungen zwischen einigen Strukturmerkmalen wie z. B. dem beruflichen Status und proaktivem bzw. reaktivem Rollenverständnis. Weitere Themen werden behandelt, z. B. Entwicklungstrends in der Betriebsmedizin, Fortbildungswünsche, Verbesserungswünsche in Bezug auf die Rahmenbedingungen für die betriebsärztliche Tätigkeit.
Die zentrale Schlussfolgerungen lautet: Die Entwicklung und Förderung eines erweiterten präventiv auf die Arbeitssystemgestaltung ausgerichteten Rollenverständnisses erzeugt eine entscheidende Hebelwirkung für die Verbesserung der Qualität betriebsärztlichen Handelns.